Erstmal begrüße ich Deine Entscheidung sehr. Es gibt viel zu wenig gute Kneipen in unserem Land. Allein in meinem Heimatort beobachtet mein Vater seit längerem ein erschreckendes Kneipensterben.
Ich habe noch nie eine Kneipe geführt, vielleicht zweimal irgendwo gekellnert, aber – und das ist ja das Wichtigste – ich bin professioneller Gast. Daher hier die wichtigsten Informationen für Dich.
Biersorten
Mach hier keinen Scheiß. Ist mir egal, ob Warsteiner Dir die Einrichtung zahlt, das ist einfach ein Pissbier. Habe schon mal in einer Kneipe nach dem Fassbier gefragt, was entgegnet wurde mit „Würde ich nicht nehmen, das ist scheiße.“
Wenn der Gast lieber Becks aus der Flasche trinkt, hast Du beim Fassbier was falsch gemacht. Bit und Bolten vom Hahn, da machste nix falsch.
Krumme Bierpreise
Mach Dich nicht vergleichbar! 4,50 € für ein 0,5L Bier rechnet der Gast sofort auf die Maß hoch und fühlt sich auf’s Oktoberfest versetzt. Gut, da kostet es im Zweifel noch mehr, weiß aber am Niederrhein keiner. Dann eher 0,25L für 2,25 €. Ist schon viel komplizierter hochzurechnen. Oder 0,33L für 2,95 €. Unmöglich, da den Überblick zu behalten. Außerdem sorgen krumme Preise für Trinkgeld.
Ruhig tagsüber öffnen
Eine gute Kneipe öffnet morgens um 10 Uhr. Das ist ehrlich. Da spielen dann Omas Karten und trinken Kaffee, der Wirt liest die Tageszeitung und der ein oder andere Passant versucht sich vielleicht schon an einem Fassbier.
Gerade in Studentenstädten haben solche Gaststätten Potenzial!
Da können wir uns kurz halten. In einer guten Kneipe wird geraucht. Wer raucht, ist cool und hat mehr Freunde.
Beschäftigungstherapie
Hier ist auch wichtig, irgendwas anzubieten.
Ich spiele ja ganz gerne Skat, weil es eine der wenigen Kneipensportarten ist, für die kein handwerkliches Geschick notwendig ist. Im Dart oder Kickern bin ich eine riesen Pfeife. Ihr erinnert euch sicher. Aber irgendwas sollte schon gegeben sein. Als Abiturient habe ich in der Stammkneipe häufig „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ vor der großen Schnapswand gespielt. Wenn der andere es nach zehn Versuchen nicht erraten hatte, musste das entsprechende Getränk gewählt werden.
Sky ist ja angeblich so todesteuer, irgendein Weltsportpaket ist aber sinnvoll. So kann der Gast auch mittags um 12 Uhr schon den die philippinische zweite Liga im Basketball gucken. GO TIGERS!
Ein guter Name
Auch hier scheiden sich die Geister. Ich bin ja ein Freund von wahrhaft „urigen Schänken“. Irgendwie die malerischste Umschreibung einer Kneipe. Die Kneipen meines Lebens hießen „Conny’s Come In“, „Café Einstein“, „Haus der 150 Biere“, „Sternbäck“, „Gasthaus Stuhlmacher“ und in Bielefeld habe ich noch keine, in der ich mich als „Regular“ bezeichnen würde. Alles herausragende Gaststätten, aber vom Namen her jetzt nicht so atemberaubend. „Zur Post“ wird ja gern genommen, gesteigert nur von „Zur alten Post“.
Sei ein guter Kaufmann
Der wichtigste und sogar halbwegs ernst gemeinte Tipp: Sei ein guter Kaufmann und nicht nur ein guter Gastgeber.
Im dritten und vierten Semester habe ich eine Kneipe als Wohnzimmer genutzt. Es nannte sich zwar „Café“ aber für mich war das eine Kneipe.
Bin nicht zur Uni gegangen, gegen 12 Uhr dort zu Mittag gegessen, Fernsehen geguckt (auf einem Beamer, der auf eine Glaswand projiziert hat – crazy!), Kaffee getrunken, Freunde dorthin eingeladen, sogar manchmal gelernt und abends sich dann auch mal ein Bierchen gegönnt. Sobald der Wirt auch einen drin hatte, konnten wir sogar drinnen rauchen.
Beim Abkassieren waren die Preise dann Verhandlungssache „Troostiboy, Du warst den ganzen Tag hier, hast zweimal gegessen und viel getrunken… sollen wir sagen 15€? Macht mich nicht reich und Dich nicht arm.“
Fand ich als Student klasse. So konnte ich mir erlauben, wie bei HIMYM in einer Kneipe zu leben. Als der Laden dann irgendwann bankrott ging, wurde mir klar: Sei ein guter Kaufmann, nicht nur ein guter Gastgeber.
Weitere Tipps? Lasst hören!