Pfingstfreitag
13:30 Uhr. Ich bin auf der Autobahn Richtung Würzburg. A33, A44, A7. Das ist meine Route.
Vor ein paar Tagen dachte ich noch, es wird eine normale Pfingstfeier. Dann haben sich spontan ein paar Dinge ergeben.
Der kommt noch und der ist dabei und der und achja und soundso. Mal gucken, was wir noch zusammen kriegen. Alle Namen sind natürlich geändert und vieles gelogen, aber der Rest die Wahrheit.
Gegen 17 Uhr erreiche ich die Musenstadt. Eigentlich fahre ich inzwischen lieber mit’m Zug zu solchen Sufftouren, eine Spritflatrate des Arbeitgebers überzeugt mich dann aber doch hin und wieder vom Auto. Außerdem habe ich dieses Mal ein AirBnB gebucht, das sei ja so furchtbar praktisch und günstig. So bewohne ich an diesem Wochenende eine Studentenbude mitten in der Innenstadt. Bei der Buchung nicht beachtet hatte ich, dass über der Badewanne direkt die Dachschräge beginnt, auf etwa einem Meter Höhe. Gut, darum kümmern wir uns morgen.
Zu allem Überfluss wird hier auf dem Sofa auch noch mein Arbeitskollege Tom (Name geändert) schlafen, der spontan mitgekommen ist. Gemeinsam holen wir Patrick (Name geändert) vom Hauptbahnhof ab, er reist aus Berlin mit dem Zug an. Ein Augustiner vom Bahnhofskiosk soll mein erster Schluck Alkohol an diesem Wochenende werden.
Jungs, immer von hinten aus der Kühlung nehmen. Die füllen nämlich einfach vorne nach.
Nach einem kurzen Zwischenstopp bei Patricks Hotel und Pinkeln in der Weinstube Schnabel, geht es zum Ort des Geschehens.
Eigentlich ist es noch ein ganz normaler Abend, es gibt lecker Spanferkel und ich trinke Bier. Warum ich irgendwann auf Aperol umgestiegen bin, weiß ich nicht mehr. Das wichtigste Ziel des Abend ist es, Patrick davon zu überzeugen, dass er das ganze Wochenende bleibt. Gelingt.
Er wollte eigentlich zum Karneval der Kulturen in Berlin. Mit dem Argument „Wir feiern hier Karneval der Leitkultur“ kriegen wir ihn.
Samstag
Ich wache gegen Mittag mit starken Kater auf. Tom trinkt bereits Kaffee von unserer AirBnB-Vermieterin. Da nehme ich auch einen, und eine Ibu-400 und eine Cetirizin bitte. Ein paar Verpflichtung habe ich bereits verschlafen, also sollten wir schleunigst Wein zu uns nehmen, damit es mir egal ist.
Ich hatte das mit der Dusche ja schon erwähnt. Wirkt nicht sonderlich vitalisierend, wenn man morgens erstmal auf Knien versucht sich zu reinigen. Als müsste man Buße tun. Frisch geduscht und mit gezogenem Scheitel geht es Richtung Innenstadt. „Ey Troost, ich dachte so einen Janker haben nur so ne Turbobuxen wie Du an, aber das trägt hier ja jeder.“
Ja, so ist es mein Freund. Ein Kleidungsstück, welches einem im nördlichen Teil der Republik direkt aussehen lässt wie einen NPD-Ortsverbandsvorsitzenden, ist hier noch sehr beliebt.
Eigentlich wollte ich ja in den Schnabel, aber in Anbetracht des guten Wetters, wollen wir uns irgendwo raussetzen. Also, Büspi-Innenhof, ab dafür.
Niemals könnte ich jetzt schon Bier trinken, aber Wein. Das geht safe. Also hätten wir gerne einen Bembel Silvaner, zwei stille Flaschen Wasser (Sprudel bekommt meinem Magen nicht) und die Speisekarte. Achja und können Sie uns zwei Schachteln Marlboro bringen. „Nein, aber bei den Toiletten ist ein Automat.“ Ich liebe den Service in Bayern. Kein Anbiedern beim Gast. Gefällt mir.
So, ich hatte gerne eine Brotzeitplatte mit allen Blut-, Speck-, Leber- und generellen Innereien-Wurstprodukten, die sie finden können. Ich liebe dieses zünftige Essen.
Nach dem Essen sind wir schon bei Bembel Nr. 2 und irgendwer (ok, ich war’s) kommt auf die Idee, einen Schnaps dazu zu bestellen. Ich glaube, meine Worte waren „Wir bestellen den erstmal und dann sehen wir, wie wir damit umgehen“. Ja, trinken war natürlich die Lösung. Jetzt habe ich ja bald wieder einen im Tee.
Tom spricht die magischen Worte „Wisst Ihr, Tage, an denen morgens schon getrunken wird, sind einfach die besten Tage.“ Das könnte man sich mal auf ein T-Shirt drucken lassen. Es ist ein wundervoller Tag. Ich liebe diese Stadt für genau solche Tage. Was jetzt noch fehlt, wäre die Diskussion über ein komplett sinnfreies Thema.
Die großen Themen
Achja, da sind wir auch schon so weit. Habt ihr Euch schon mal gefragt, wie sich Grenznutzen von Alkohol und Zigaretten verhalten? Während der Nutzen von Wein immer weiter steigt, bilden Zigaretten ja eher eine Art Grundsicherung. Oder wie Tom es so schön formuliert: „Mehr trinken macht halt mehr Spaß, aber gar nicht rauchen, macht halt gar keinen Spaß.“ Ja, so kann man es auch formulieren.
Was uns zu unserem Glück noch fehlte, ist Jonas (Name geändert), der spontan zu uns stößt. Er befindet sich gerade an Tag 2 eines mehrtägigen Vollrauschs und hat wirklich gute Storys parat. Ich wollte jedenfalls schon immer mal wissen, dass sich der Leopard2-A7 ja grundlegend von 2A-4 unterscheidet und dass die anderen Nationen gar nicht wissen, wie der richtig bedient wird und man im Grunde sagen kann, dass die Türken den Ruf unserer Panzer zerstören. Nur, falls einer fragt!
Da Patrick ja eigentlich heute schon abreisen wollte, muss Kleidung nachgekauft werden. Jungs, geht niemals nach einem Wein-Mittag in nen Galeria Kaufhof. Ich bin einfach völlig überfordert von diesen Menschenmengen.
Jonas und Tom haben wir verloren. Ah, stehen vorm Sternbäck! Was ein Glück!
Der Rest des Tages ist klar. Ab auf die Brücke, ordentlich einen heben und bei der geplanten Abendveranstaltung verspätet und bereits viel zu zerbeult auftreten. Irgendwann reißt der Film. Das Erinnerungsvermögen ist dann ja doch relativ barmherzig. Das einzige, was ich noch weiß, an dem Abend werde ich das erste Mal von einem Fan erkannt. „Ey, bist Du Troostiboy, können wir ein Selfie machen?“ Das war dann schon irgendwie ein Highlight. Kommentar von Patrick dazu „Scheiße, jetzt bist Du den Rest des Abends unerträglich mit Deinem Höhenflug“. Recht hatte er. Aber für Euch nehme ich mir immer gerne Zeit, liebe Fans!
Sonntag
Ich schaffe es tatsächlich noch später aufzuwachen. Dürfte locker schon 14 Uhr sein, so ein Dreck. Schon wieder alle morgentlichen Termine verschlafen. Erstmal unter die Kniedusche Buße tun. Wir sind in einer größeren Gruppe zum Mittagessen verabredet. Ich hasse, bei sowas zu spät zu kommen und dann an den „Beistelltisch“ gesetzt zu werden und die Suppe auszusuchen, während der Rest schon den Nachtisch drin hat. Aber ich weiß schon, was wir tun können, damit mir das gleich egal ist.
„Herr Ober, mehr Wein bitte.“ Zugegebenermaßen sage ich meist „Herr Oberst“, aus Pseudolustigkeit. Ich finde das lustig. Sonst selten jemand. Ich habe das Gefühl, das ganze Restaurant guckt mich an.
Die ersten gehen langsam, während ich noch auf meine Hauptspeise warte. Aber das Ganze hat auch etwas für sich: An unserem Tisch versammeln sich jetzt wirklich die klügsten, frohen Zecher, die eben keine anderen Pläne mehr für den Nachmittag haben. Einfach immer weiter Bembel nachbestellen. Man kann auch beobachten, wie der ein oder andere mal kurz den Turbo einschaltet. „Hör mal, du hast dir jetzt in den letzten fünf Minuten dreimal nachgenommen.“ Tja, so ist unser lieber Wasmann (Name geändert). Der kann auch mal rechts überholen. Gaspedal am Boden festgeklemmt.
Es passiert nicht mehr viel. Zumindest in meiner Erinnerung. Mein engster Trinkvertrauter sagt mir nachher, dass er mich an diesem Sonntag zum ersten Mal hat wanken sehen. Guter Indikator. Abends falle ich von der Bierbank. Kann auch sein. Angeblich ziehe ich, auf dem Boden liegend, erstmal noch an einer Kippe.
Montag
13:30 Uhr. Ich wache im AirBnb auf. Allein, alle anderen sind schon abgereist. Mein Kater ist kolossal. Weit überlagert vom schlechten Gewissen, was wohl letzte Nacht noch so passiert ist. Weiß der Teufel, wann die Vermieterin wieder hier ist. Ich muss auf jeden Fall vorher die Stadt verlassen. Sachen packen und weg.
Mein Kater ging noch bis Mittwoch. Da hatte ich mich dann tatsächlich zu körperlicher Aktivität durchgerungen. Angeblich hilft das ja, das alles mal rauszuschwitzen. Nach 20 Minuten sagt meine AppleWatch mir dann, ich solle mich mal hinsetzen, mein Puls würde darauf hinweisen, dass mir bald etwas schlimmes passiert.
Also, liebe Fans! Vorsichtig mit Würzburg, es kann Dich auch fertig machen. Der Wahn ist kurz, die Reue ist lang!
Zur Selbstgeißelung lebt die Kunstfigur Troostiboy (ist ja alles frei erfunden hier) seit 27 Tagen alkohol- und rauchfrei. Ist auch mal schön.
Hashtag des Monats: #fitandhealthy.