Sonntag, 13:05 Uhr. Ich sitze am Bahnhof der kleinen Küstenstadt Saint-Malo in der Bretagne. Warum eigentlich diese Faszination für Kopfbahnhöfe bei den Franzosen? Laufen die gerne 1000 Meter am Zug entlang oder sind die Städte einfach schon zu kleinteilig fertig gewesen, als man den Eisenbahnverkehr eingeführt hat?
Mailand? Madrid? Hauptsache Italien!


Buchstaben? Zahlen? Wat is‘ jetzt mein Gleis?
Ich muss jetzt hier mal gucken, wo mein Zug fährt. Das Konzept der Gleisangabe scheint nix für die Franzosen zu sein. Da haben wir nämlich schon die erste arglistige Täuschung. Mein Zug steht im hinteren Teil des Gleises, der Zug direkt am Kopf scheint nur Dekozwecke zu haben. Ich muss quasi in Abschnitt H laufen. Das ist ja wie Gleis 15 in Rom! Komme mir vor wie ein asiatischer Geschäftsmann, der vom Münchener Hauptbahnhof zum Franz-Josef-Strauß-Airport möchte, aber aufgrund der nicht ausreichend erklärten Zugteilung in der Freisinger Innenstadt landet. Destination de Rennes sieht jedenfalls erstmal gut aus.

Sorry, no english!
Aber die Regionalbahn auch? Trifft man viele Touristen in der Regionalbahn von Norddeich-Mole nach Emden? Da spricht der RE-Schaffner jedenfalls genauso wenig Englisch wie der französische Schaffner in diesem Zug hier. Diesen fortwährenden Vorwurf der mangelnden Bereitschaft eine Fremdsprache zu sprechen, kann man also nicht nur den Franzosen, sondern gewiss auch uns Deutschen machen. Wer’s nicht glaubt, kann ja mal in Nettetal im Supermarkt auf Englisch versuchen, die Kartenzahlung einzuleiten.
Der Schaffner hier ist allerdings top. Erstens finde ich diese Hüte lustig und zweitens sprechen wir jetzt das dritte Mal miteinander und konnten alles mit den Worten „Bonjours“ und „Merci“ regeln. Perfekt.
Das freundlichste Volk diesbezüglich sind übrigens die Polen. Können auch kein Englisch und dir auch nicht weiterhelfen, sind aber sehr nett dabei. Ist doch auch was.
Für die Follower
So, jetzt mal den Instapost absetzen, aus dem hervorgeht, dass ich klug Zug fahre. Freut mich übrigens, dass ich mit meiner #seiklugfahrZug-Kampagne mehrere Ökos unter meine Follower mogeln konnte. Ich tue das aber nicht für Greta Thunberg, sondern bin aus Effizienzgründen Freund von innerdeutschen Zugfahrten. Natürlich ist die Reisezeit höher, sie kann aber besser genutzt werden. So schreibe ich gerade meinen Blog, während der Parallel-Troostiboy im Fluguniversum gerade seinen Gürtel nach der Sicherheitskontrolle wieder anzieht. Jut, Zugpost online. Man muss ja die Follower auf dem Laufenden halten. Sonst habe ich ja eher diebische Freude daran, allen mit Urlaubs-Insta-Storys auf den Sack zu gehen. Vor dieser Reise erstmals eine gewisse Erwartungshaltung gespürt. Es hieß auch mehrfach, „jaja, wir werden ja über Troostiboys Insta-Account auf dem Laufenden gehalten.“ Pustekuchen! Ich poste, was ich will. Wenn ihr zu fordernd seid, gibt es nur noch Tatort-Abstimmungen, Runtastic-Auswertungen und Wahlaufforderungen! Unter Druck kann ich nicht. Kennt jeder, der beim Pissior schon mal neben mir stand.
