10 Wochen vor meinem Ironman in Italien und 4 Wochen nach dem offiziellen Wettkampfsaisonstart in Steinbeck war es wieder Zeit für einen Triathlon, die olympische Distanz in Hamburg stand an. 1,5km Schwimmen, 40km Radfahren und 10km Laufen. Etwas vom Stau während der Anreise gestresst, komme ich 17 Uhr im Hotelparkhaus an Bahnhofsnähe und muss mich etwas sputen, bis 18 Uhr muss ich meine Startunterlagen am Gänsemarkt abholen.
Startunterlagen abholen
Sofort bin ich wieder im Triathlon-Modus, die Stadt ist voller Incylence-Mützen und Ryzon-Socken. Ich muss noch einen kleinen Umweg gehen, da am Ballindamm natürlich schon die Wechselzone aufgebaut ist. Vor mir in der Schlange steht jemand mit Ironman-Tattoo auf der rasierten, durchtrainierten Wade. Also wenn ich mich mal tätowieren lasse, dann wirds das… aber noch bin ich nicht soweit. Startunterlagen sind abgeholt, alles hat geklappt, wunderbar.
Erfahrene Triathleten wissen, nächster Agenda-Punkt ist nun klassischerweise das Carboloading. „Irgendwas leicht verdauliches mit vielen Kohlenhydrathen“ futtern um am nächsten Tag genug Energie zu haben. Ich treffe Studienfreunde aus Würzburger Zeiten und es geht zum Vietnamesen. Zwar nicht ganz, was ich mit „leichtverdaulich“ meinte, aber ich hoffe der Magen verkraftet es gut. Auf dem Heimweg gibt es noch ne Tüte Gummibärchen für mich und während ich die schlemme, wird das Rad verklebt und sämtliches Material vorbereitet. Dazu die üblichen Triathlon-Dokus auf youtube. Hachja, Vorfreude ist und bleibt irgendwie die schönste Freude.
Aufstehen!
4:30 Uhr klingelt mein Wecker. Hatte zwar unter 4h Schlaf, aber an so Wettkampftagen bin ich irgendwie immer sofort hellwach. Duschen, flüssiges Frühstück und ab gehts Richtung Wechselzone. Da treffe ich auf meine Freunde Jakob und Sebi, die heute ebenfalls starten. Natürlich hat sich seit unserem ersten Start 2019 hier einiges getan, sowohl vom Professionalitäts als auch von unsere sportlichen Form her, aber gefühlt ist es immer noch so, dass ich einfach mit paar Thekenfreunden einen Ausflug in diese Sportart mache.
Ich liebe die Atmosphäre. In der Wechselzone wird gescherzt und ich sehe viele bekannte Gesichter „ah, das ist Golo Röhrken, der ist Triathlon-Trainer und macht dazu ganz coole youtube-videos“ oder „Ah, da ist Niels Flieshard, der hat letztes Jahr auch mit mir den Ironman Hamburg gemacht und neulich sogar einfach eine Selfmade-Langdistanz“
Das schöne an der Triathlon-Bubble ist, sie ist so klein, das ich wirklich viele Gesichter erkenne. In Duisburg werde ja sogar ich regelmäßig erkannt, aber dazu später mehr.
Schwimmstart
7:04 Uhr geht es für uns los. Wassertemperatur ist heute sehr angenehm, mit Neoprenanzug erst recht! Das Startsignal ertönt, Knopfdruck auf die Uhr und ab gehts. Ich weiß selber, beim Schwimmtraining bin ich bisher am nachlässigsten gewesen. Aber 1,5km kraulen werden wir wohl irgendwie hinbekommen. In allererste Linie begeistert mich beim Schwimmen auch einfach immer wieder dieses Gefühl „alter krass, du machst einen Triathlon“. Unter der Lombardbrücke durch, Wendeboje auf der Außenalster und ab gehts zurück. Zwischendurch möchte ich immer wieder mal kurz Brust um mich zu orientieren, aber für meine Form her bin ich sehr zufrieden.
Beim Schwimmausstieg muss ich auf jeden Fall perfekt lächeln, hier macht nämlich heute meine Bekannte Johanna die Fotos. Wichtigste Regel übrigens: direkt beim Schwimmausstieg Brille und Badekappe ausziehen, damit sieht man sonst derart bescheuert auf allen Fotos aus! Moderator Till Schenk kommentiert wie immer am Radhausmarkt. Plötzlich höre „Und auch mit dem Schwimmen fertig, Alexander Troost… besser bekannt als TROOSTIBOY!“
Von dem Zeitpunkt war klar, ich bekomme heute das Lächeln nicht mehr aus dem Gesicht. Till war bereits 2019 Moderator und eben auch derjenige, der mich 2022 mit „YOU ARE AN IRONMAN“ ins Ziel gebrüllt hat. Wir hatten 2022 auch mal kurz auf Instagram geschrieben, aber dass er instant meinen Namen erkennt und mit meinem „Spitznamen“ in Verbindung bringt, das begeistert mich in dem Moment total.
Ich hab zwar auch gerade gemerkt, dass ich etwas langsamer geschwommen bin als 2022 bei der olympischen Distanz, aber meine Güte, scheißegal. Lass mal heute einfach nur mega Spaß haben und jetzt kommt schließlich auch meine Lieblingsdisziplin: Radfahren!
Ab aufs Rad
Rechnung mal wieder ohne den Wechsel gemacht. Jakob treffe ich noch an seinem Rad, wünsche viel Erfolg und wie immer habe ich unterschätzt, wie unendlich nervig lang der Ballindamm doch ist. Jaja, es ist die längste Wechselzone der Welt und das macht den Triathlon auch irgendwie aus, aber nervig ist es in dem Moment schon. Endlich geschafft, ab aufs Rad und ab gehts!
Erster Schluck aus meiner Trinkflasche, der Tag heute ist in gewisser Weise ja auch ein Testwettkampf und es ist eben auch wichtig, den Magen an die übliche Stoffwechselschlacht hier zu gewöhnen. 140gramm Kohlenhydrate in Form von „Race Fuel“ habe ich mir für den Radsplit vorgenommen.
Kurz einmal durch den Tunnel, eine scharfe Kurve und ab gehts. Die Strecke hier kenne ich inzwischen bestens, die Straßen sind schließlich immer Teil des Radsplits, ob Sprintdistanz, olympische oder beim Ironman. Hamburg ist einfach wirklich ein ganz besonderer Ort für mich, was die Verbindung zur Wahnsinnsgeschichte „Triathlon“ angeht. War neulich im nicht-sportlichen Kontext hier und konnte beim Frühstück an der Alster gar nicht aufhören davon zu labern, wie viele Eindrücke ich hier bereits sammeln durfte.
Meine Radform und mein Speedmax tun das übrige, für eine Radsplit voller Endorphine. Ich überhole einen nach dem anderen, drücken meinen Puls auch an den Anstiegen ins unermessliche und fliege durch Hamburg. Dank hohem Gewicht machen mir auch die Windböhen nichts aus. Grinsend fahre ich an der Überquellbrauerei vorbei. Neulich hier noch für einen Punkkonzert vorgetrunken, bedingungslose Empfehlung!
Auf Runde 3 überhole ich dann auch Jakob. Moralisch wichtig natürlich an einer Bergabpassage, damit ich möglichst schnell wirke. Die Werte auf Strava nachher bestätigen mein subjektives Gefühl: Meine Radform ist fantastisch. Wäre mein Ziel wirklich, dass ich einfach eine bestmöglichste Gesamtleistung an so einem Tag hinlege, würde ich jetzt wohl vermehrt Schwimmen trainieren und den Radfokus verringern. Aber spoiler: Das wird nicht passieren. Radeln bockt nämlich einfach viel zu hart!
Laufen
Radsplit vorbei, in der Wechselzone treffen wir uns wieder. Mit 30 Sekunden Vorsprung starte ich in den Lauf, nach nem Kilometer hat Jakob mich aber (wie vorhersehbar) wieder eingeholt. Ab jetzt einfach nur noch genießen. Ein 10km-Lauf ist nicht meine Spezialität, ich merke erstmal, ich bin gut in den Tag gekommen und auch meine Körperhaltung ist noch gut. Tatsächlich habe ich die letzten Woche recht viel Yoga gemacht und es hilft wirklich.
Die Laufstrecke ich nahezu gleich mit der meines Ironman 2022. Viele Erinnerungen werden wach was das damals hier für ein Kampf war. Das ist die wichtigste lessons-learned für mich aus meiner ersten Langdistanz: es ist ziemlich egal, ob ich noch 10 Watt mehr trete aufm Rad. Der größte Hebel bleibt die einzige Frage: wie lang kannst Du den Marathon durchstehen ohne Gehpausen. Und auch die Frage stelle ich mir ehrlicherweise nicht, weil ich irgendeinen Rekord knacken will, sondern schlicht und ergreifend deshalb, weil jeder Triathlon mehr Spaß macht, wenn ich mich „gut in Form“ fühle. So fühle ich mich auch heute und Ab Kilometer 7 bin ich wieder in der direkten Innenstadt und kann die Stimmung richtig genießen. Die letzten 1000 Meter klatscht der kanadische Teilnehmer vor mir durchgehend, weil er so begeistert vom Publikum ist. Ich muss sagen, Sportstadt Hamburg hat wirklich einfach wieder geliefert. Was für ein Spektakel, 10 von 10 gerne wieder.
Ein ToDo habe ich noch für heute: Den Zieleinlauf maximal genießen. Viel zu häufig mache ich den Fehler eines Schlusssprints und kann mich dann nachher an die Emotion auf der Ziellinie gar nicht mehr so richtig erinnern, aber ich will das genau das sich bei mir einbrennt und ich mich dann in „schwierigen“ Trainingseinheiten genau an dieses Gefühl erinnern kann.
– Also, konzentrieren, maximale Aufmerksamkeit, alles aufsaugen, aber mal wieder die Rechnung ohne Till Schenk gemacht „Nun auch im Ziel, Alexander Troost, besser bekannt als Troostiboy, folgt ihm auf Instagram“. Ich lache mich kaputt. Ja gut, dann wenigstens irgendeine verrückte Zielpose. Ob das nun der albanische Adler oder der deutsche Mäusebussard ist, werden wir wohl nie erfahren. Ob Sprintdistanz oder Ironman, Hamburg liefert immer richtig ab.
Es war wunderschön. Am 6.8. steht Duisburg an! Ich freu mich schon!